Meine Themen in Afrika…
„Die Löwen auf dem Sprung“, das „aufstrebende Afrika“, der „Kontinent des 21. Jahrhunderts“ – Afrika ändert sich und erlebt stabile Wachstumsraten von über fünf Prozent und mehr; 2012 sogar 6,6%. Afrika ist damit eine der dynamischsten Regionen der Welt.
Der Kontinent weist nicht nur ein positives Wirtschaftswachstum auf, er ist auch demokratischer geworden. Neue Führungen – ob in Senegal, Äthiopien oder Ghana – kamen friedlich ins Amt. Das Interesse und die Möglichkeiten der Bevölkerungen, sich an politischen Prozessen zu beteiligen und gegen soziale Ungerechtigkeit und den Mangel an Einkommensmöglichkeiten die eigene Stimme zu erheben, steigt und kann nicht einfach unterdrückt werden. Afrikanischen Staatschefs darf es nicht nur um formale Wahlen gehen, sondern immer und zuerst auch um die Achtung elementarer Menschen- und Freiheitsrechte.
Mit Blick auf 54 verschiedene Länder in Afrika bleiben für mich entscheidende Fragen: Wie kann Afrika seine wirtschaftlichen Potentiale und natürlichen Ressourcen so ausschöpfen, dass sie zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen? Wie kann der Wachstumstrend auch spürbare positive Auswirkung auf die Lebenssituation der Mehrheit der Bevölkerung haben? Können und werden afrikanische Entscheidungsträger dieses Wachstum nutzen, um der in weiten Teilen Afrikas grassierenden Armut den Kampf anzusagen? Und nicht zuletzt: Wie verändert der Wandel in Afrika die europäische Wirtschafts- und Entwicklungspolitik bezogen auf den Kontinent?
Ich reise sehr viel auf dem afrikanischen Kontinent und versuche, so viel wie möglich von der Lebensrealität der Menschen mitzubekommen. Das Bild ist in Bukavo im Ostkongo am Kiwu-See aufgenommen – eine Gegend, wo der Einfluss der Regierung im weit entfernten Kinshasa sehr begrenzt ist. Prof. Risse von der Freien Universität Berlin nennt das Räume begrenzter Staatlichkeit. Ist das ein Nicht-Wollen oder ein Nicht-Können?
Sind die Menschen wirklich unglücklicher, wenn das Geld nicht vom Staat sondern von Warlords kommt und statt einer Polizei sie von Rebellenchefs beschützt werden? Wer weiß eigentlich, wie viele Frauen jede Nacht in dieser Gegend vergewaltigt, wie viele Männer umgebracht und ob nicht immer noch Kinder als Kindersoldaten verschleppt oder verkauft werden?
Das erste, was hilft, Afrika verstehen zu lernen, ist Demut. Zu aller erst Demut vor den Menschen, mit all ihren Wünschen und Ängsten; aber auch vor der Größe der Aufgabe, falls wir es wirklich ernst meinen mit der Entwicklung Afrikas; vor der Unmöglichkeit, die Menschen sich selbst und ihren korrupten Eliten zu überlassen; vor der Macht der Bilder, die ins Berichtskonzept passende Opfer zeigen, nicht aber Tote und Vergewaltigte, sondern lieber von Gorillas unter grünen Baumkronen im Ost Kongo berichten als von den Menschen und ihren Anliegen.